Das 16. Gebot des Branding (Fortsetzung)
Wenn die Buchstaben anderererseits
nicht zu entziffern sind, hinterläßt das Logo
wenig oder gar keinen Eindruck im Gedächtnis der
Käufer. Nicht wegen des Schriftbildes, das verwendet
wurde, sondern weil der potentielle Kunde die Worte nicht
lesen kann. Die Lesbarkeit sollte bei der Wahl der Schrift
für ein Logo die wichtigste Überlegung sein.
Zugegeben, es gibt Unterschiede in den Empfindungen, die
ein Schriftbild visuell übermittelt. Schriftarten
ohne Serifen sehen modern, solche mit Serifen nostalgisch
aus. Fettdruck wirkt maskulin, Kursivdruck feminin. Derlei
Unterschiede werden jedoch nur durch Übertreibung
deutlich. Würde es Ihnen gefallen, wenn Ihr Markenname
in scharzen Gotisch-Lettern (die Schnörkelschrift,
die beispielsweise für die Kopfzeile der New York
Times verwendet wird) gesetzt wäre, um dem Produkt
einen alten, renommierten Anstrich zu geben? Vermutlicht
nicht. Eindruck können Sie damit bestimmt schinden,
aber nur wenige potentielle Kunden wären imstande,
den Namen zu entziffern (und sich somit an ihn zu erinnern).
Es ist ein Teufelskreis: Um die Aufmerksamkeit des Durchschnittskäufers
auf die Stimmung zu lenken, die das Logo übermitteln
soll, müssen Sie die charakteristischen Merkmale
der Typographie übertreiben. Und wenn Sie dick auftragen,
leidet die Lesbarkeit. Wie immer Sie sich auch entscheiden,
Sie sitzen zwischen zwei Stühlen.
Die zweite Komponente des Signums, das Warenzeichen oder
visuelle Symbol, wird ebenfalls überbewertet. Die
Bedeutung liegt im Wort - oder in den Worten - nicht im
Sinnbild. Das Swoosh-Symbol erhält seine Bedeutung
nur durch den Namen des Turnschuhherstellers Nike - und
nicht umgekehrt. Wenn ein Symbol lange Zeit mit einem
Namen in Zusammenhang gebracht wurde, kann es diesen schließlich
repräsentieren, ähnlich wie ein Familienwappen.
Aber es ist nichtsdestoweniger der Name, in dem die Stärke
einer Marke zum Ausdruck kommt.
Swoosh steht also für Nike. Aber die Vorteile,
das Symbol allein zu verwenden, sind spärlich und
kommen auch nur in bestimmten Situationen zum Tragen.
Vielleicht ist das Symbol schon aus weiter Ferne zu erkennen,
wo der Name unlesbar wäre. Vielleicht kann man das
Produkt selbst oder solche Bekleidungsartikel damit schmücken,
wo der Name zu werbemäßig aussehen
würde. Vielleicht kommt man, wenn man mehr als 100
Millionen Doller im Jahr dafür hinblättert,
Swoosh mit Nike zu verknüpfen, ungestraft davon,
wenn man sich irgendwann in der Werbung auf das Symbol
beschränkt. Aber welche Vorteile sollte das haben?
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Al Ries / Laura Ries, Die 22
unumstößlichen Gebote des Branding
© 2001 by Econ Verlag
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